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Stepnotes © Frank Kleinbach

Tempele, Bad Boll

André Bless: »Stepnotes«

Mit seiner Installation »Stepnotes« verwandelte der Schweizer Künstler André Bless das Bad Boller Tempele, einst als Aussichtspunkt für die Besucher der königlichen Bäder errichtet, in ein ungewöhnliches Notizbuch. Er machte die Architektur zum Schriftträger: Säulen und Stufen wurden zu Textzeilen, zu Gedankenvermittlern.

1824 konstruierte der Baumeister Gottlob Georg Barth den zierlichen Rundbau hinter dem Kurhaus, dort, wo das Gelände sanft Richtung Albtrauf ansteigt. Ein Tempel, der nicht der Verehrung eines Gottes diente, wohl aber als Ort der Kontemplation und der Erbauung gedacht war. Von hier reicht die Aussicht weit über das Filstal und auf die drei Kaiserberge: Die Weite des Blicks bedeutet auch im übertragenen Sinne eine Blickerweiterung, eine Einladung, über den Tellerrand hinauszublicken und zu denken.

André Bless ließ die Weite der Gedanken ganz konkret werden. An die Treppenstufen und die Holzsäulen des Tempeles projizierte er Textbotschaften. In deutscher und englischer Sprache glitten helle Laufschriften über die Architektur. Bless ließ dabei Aussprüche bekannter Autoren und Künstler aufscheinen, aber auch Gedanken anonymer Verfasser.

Ludwig Wittgensteins Sprachphilosophie – »Die Grenzen meiner Sprache bedeuten die Grenzen meiner Welt« – traf auf die lakonisch humorvolle Selbstbefragung der Künstler Fischli/Weiss: »Gibt es die Welt auch ohne mich?«. Wer den Weg hinauf zum Tempele und damit zu Bless‘ Installation nahm, der wagte einen doppelten Aufstieg: auf die Alb und in die Welt der Gedanken und Vorstellungen.

Der Künstler

Der Schweizer Künstler André Bless wurde 1950 in St. Gallen geboren. Er studierte an der Hochschule für Gestaltung und Kunst in Basel. Heute lebt und arbeitet er in Winterthur und Schaffhausen. In seinen Arbeiten beschäftigt er sich mit dem illusionistischen Potenzial des Mediums Licht. Mit Videoinstallationen sowie dialogischen Versuchsanordnungen schafft er Werke, die um die Beziehung von Flüchtigkeit und Konstanz kreisen sowie das Verhältnis von Kunst und Architektur befragen. Besonders interessieren ihn dabei alltägliche Phänomene. In dem Videoloop »Dayfly« von 2013 beispielsweise ist eine Stubenfliege zu sehen, die vom Licht eines iPhone angezogen wird und der Erschöpfung nahe auf dem hell erleuchteten Display herumirrt: moderne Informationstechnologie aus der Sicht eines Insekts.

Herkunftsland

Schweiz

Projekt wurde unterstützt von

Kreissparkasse Göppingen
Pro Helvetia, Schweizer Kulturstiftung
Bollwerk, Energieversorgung Bad Boll GmbH

Der Ort

© Frank Kleinbach

Den schönsten Blick auf die drei »Kaiserberge« Hohenstaufen, Rechberg und Stuifen, sowie über Bad Boll und Umgebung, hat man vom »Tempele«. Für 807 Gulden errichtete der Baumeister Gottlob Georg Barth 1824 das »Belvedere«, heute »Tempele« genannt. Es ist ganz aus Holz gebaut mit einem Ziegeldach. Den vorderen Teil des Daches tragen vier Eichensäulen, der hintere Teil ist geschlossen. Es sollte den Gästen des neuen königlichen Bades zur Erbauung dienen. Noch heute besuchen es viele Menschen wegen der herrlichen Aussicht.

Adresse

Pappelweg 28a
73087 Bad Boll