Logo KulturRegion Stuttgart
© Hitoshi Kuriyama

Evangelische Stiftskirche St. Cyriakus, Bad Boll

Hitoshi Kuriyama: »0=1 - fluctuation«

In der Evangelischen Stiftskirche in Bad Boll, zwischen den von massigen Pfeilern getragenen Arkaden des mittelalterlichen Baus, erblickte der Eintretende einen ungewohnten Lichtkörper. Im Raum vor dem Altar hatte der Künstler Hitoshi Kuriyama eine explodierende Skulptur installiert, ein Kristall von transzendentaler Leichtigkeit.

Kuriyamas Objekt bestand aus Glasröhren, die er in scheinbarem Chaos zu einer Art Stern zusammengefügt hatte. Einige der Röhren leuchteten, sie wurden durch kaum sichtbare Kabel mit Strom versorgt. Andere waren zerbrochen und damit ihrer Leuchtkraft beraubt. Kuriyama setzte sein Werk in Bezug zum Entstehen und Vergehen im Kosmos. Das Zerbersten einer Leuchtstoffröhre ist für ihn aufgrund des Vakuums, das in ihr herrscht, dem Urknall verwandt.

Die Zerstörung ist dabei mit dem Entstehen neuen Lebens untrennbar verbunden. Dieses Phänomen lässt sich auf die künstlerische Tätigkeit übertragen, auch das Kunstschaffen ist von der Ambiguität von Zerstören und Erschaffen geprägt.

Kuriyama erforschte in seiner Arbeit die Gleichwertigkeit und Gleichzeitigkeit scheinbar gegensätzlicher Phänomene und Ideen. Da sich mit wissenschaftlichen Mitteln das absolute Nichts nicht nachweisen lässt, wird auch die Unterscheidung zwischen Nicht-Existenz und Existenz fragwürdig. Diese Überlegungen verdichteten sich in der von Kuriyama aufgestellten Hypothese »0=1«. Innerhalb der geometrischen Strenge des mittelalterlichen Baus fordert Kuriyamas zerberstendes Lichtobjekt dazu auf, auch Religion und Wissenschaft nicht als Gegensätze wahrzunehmen.

Der Künstler

Hitoshi Kuriyama wurde 1979 in Hyogo in Japan geboren. Er studierte »constructive art« an der Universität Tsubaka und Intermedia-Kunst an der Tokyo University of Arts. In seinen Installationen versucht er durch die Verbindung von künstlerischen und wissenschaftlichen Methoden die Gültigkeit seiner Hypothese »0=1« zu belegen. Physikalische Phänomene wie Licht und Vakuum, aber auch Ton und Bewegung, spielen dabei eine wichtige Rolle. In »0=1 - air pressure« von 2013 visualisiert er mit einer Glaskugel, in der Blasen entstanden sind, den nicht wahrnehmbaren Luftdruck in der Atmosphäre. Leuchtende und zerbrochene Neonröhren, aus denen er komplexe Konstruktionen zusammenfügt, nutzt er auch in anderen Arbeiten, so zum Beispiel in »0=1 -multiverse« von 2015 oder »0=1 - vacuum collapse« von 2014.

Herkunftsland

Japan

Website des Künstlers
Projekt wurde unterstützt von

Innovationsfonds Kunst Baden-Württemberg
Karin Abt-Straubinger Stiftung

Der Ort

© Frank Kleinbach

Um 1140 wurde in Boll eine romanische dreischiffige Pfeilerbasilika gebaut, die bis heute in reiner Form erhalten ist. Gräfin Berta von Ravenstein gilt als Stifterin dieser auf den Trümmern eines früheren Gotteshauses erbauten Kirche. Der Chor dieser Vorgängerkirche wurde als Krypta in Bertas Kirche übernommen. Sie war über Jahrhunderte zugeschüttet und wurde 1951 wieder freigelegt. Durch Bohrungen im Boden der Krypta konnte festgestellt werden, dass selbst die Vorgängerkirche nicht das erste Gotteshaus an diesem Platz war.

Adresse

Kirchplatz 5
73087 Bad Boll