Bild von Dorothee Kraus-Prause, Ingrid Grischtschenko und Thomas Bopp, vor einem beige-braunen Hintergrund. Die drei Personen stehen nah beieinander und lächeln in die Kamera. Das Bild ist bei der Verabschiedung aus der Regionalversammlung entstanden.
Bild von Dorothee Kraus-Prause, Ingrid Grischtschenko und Thomas Bopp, vor einem beige-braunen Hintergrund. Die drei Personen stehen nah beieinander und lächeln in die Kamera. Das Bild ist bei der Verabschiedung aus der Regionalversammlung entstanden.

Interview mit langjährigem Vorstandsmitglied Dorothee Kraus-Prause

Lange Jahre war Dorothee Kraus-Prause, Kommunalpolitikerin aus Bad Boll, als Vertreterin der Regionalversammlung im Vorstand der KulturRegion Stuttgart engagiert. Im Juli 2024 wurde sie nun als Regionalrätin aus dem Amt verabschiedet und so müssen auch wir zukünftig leider auf unser geschätztes Vorstandsmitglied verzichten.

Im Rahmen eines Gesprächs mit der KulturRegion Stuttgart blickt Frau Kraus-Prause auf die gemeinsamen Jahre zurück:

Liebe Frau Kraus-Prause, seit fast 10 Jahren sind Sie uns als engagiertes Mitglied im Vorstand der KulturRegion Stuttgart verbunden, einige Jahre davon als stellvertretende Vorsitzende. Uns fällt der Abschied sehr schwer. Wie geht es Ihnen damit?

Mir geht es auch so. Ich bin etwas wehmütig, dass mein Mandat bei der Kulturregion zu Ende geht. Es war für mich eine sehr anregende und interessante Zeit mit vielen neuen Themen. 

Ich mochte die Zusammenarbeit mit dem tüchtigen und sympathischen Team, das gemeinsame Nachdenken, welche Themen die Kulturregion aufgreifen sollte und auch die angenehmen, stringenten Vorstandsitzungen mit guten Ergebnissen.  

Was waren die größten Herausforderungen während Ihrer Zeit im Vorstand?

Als wichtige Herausforderung empfand ich die inhaltlichen Auseinandersetzungen im Blick auf die Leitthemen. Welche gesellschaftlichen Fragestellungen soll die KulturRegion aufgreifen? Da haben Hauptausschuss und Team entscheidende Impulse gesetzt.

Eine Herausforderung im besten Sinne für mich war die Auswahl der geeigneten KuratorInnen für »Drehmoment«, »Unter Beobachtung«, »Übermorgen« und »Jetzt«, an der ich mitwirken durfte. Es haben sich sehr interessante Menschen mit ganz unterschiedlichen Arbeitsstilen für die Festivals vorgestellt. Wir haben überzeugende KuratorInnen gefunden, die mit den Verantwortlichen in den Kommunen und den Künstlerinnen und Künstlern begeisternde Projekte auf den Weg gebracht haben. Das hat die Zusammenarbeit mit den Mitgliedskommunen sehr gestärkt. 

Große Anerkennung verdient die KulturRegion, dass sie auch in den Coronajahren immer präsent blieb mit geeigneten Formaten.

Gern und mit Überzeugung habe ich für die entsprechende finanzielle Unterstützung der Arbeit und Projekte der KulturRegion in der Regionalversammlung geworben.

Gibt es ein Ereignis/ein Highlight, an das Sie besonders gerne zurückdenken?

Vielleicht, weil es mein erstes Projekt war, noch dazu in meiner Heimatgemeinde, die Lichtkunstinstallation von Hitoshi Kuriyama in der Bad Boller Stiftskirche. Der Künstler lebte 4 Wochen im Alten Schulhaus neben der tagsüber offenen Kirche und arbeitete dort von früh bis spät. Die Menschen besuchten ihn, Handwerker halfen mit Gerüst und Materialien, ältere Schüler machten Hilfsdienste. Aus der japanischen Großstadt kommend faszinierte ihn das ländliche Leben, er ging mit in die Gottesdienste, um ein Gefühl für den Raum zu bekommen, auch wenn er nichts verstand, und er ließ sich gern nach Hause einladen, wenn Kommunikation auf englisch möglich war. Die Eröffnung, begleitet von einem japanischen Musiker, fand in einer brechend vollen Kirche statt. Da während des Festivals die Kirche bis 24 Uhr offen blieb –Ehrenamtliche machten Schließdienst -wollten viele Menschen aus der Region das beeindruckende Lichtkunstwerk in der dunklen Kirche erleben. 

Wenn Sie die KulturRegion heute mit der KulturRegion vergleichen, die Sie bei Amtsantritt vorgefunden haben: Wo gab es die stärksten Veränderungen?

Die KulturRegion hat sich in den letzten Jahren viel breiter aufgestellt.
Als ich in den Vorstand kam, waren es im Wesentlichen die großen Festivals und die Projekte der Zwischenjahre, vom Garten Eden über die Plakataktion oder den Friseursalon, die für die Arbeit der KulturRegion standen. Aber daneben gab es schon lange den Wunsch der Kommunen die eigene Kulturarbeit über die KulturRegion sichtbarer zu machen. Dies ist in den letzten Jahren immer besser gelungen, jetzt natürlich auch mit dem professionellen digitalen Auftritt, der allen Kulturinteressierten einen hervorragenden Einblick erlaubt. Dazu gehört auch die Präsenz der KulturRegion in den sozialen Medien. 

Hervorheben möchte ich die Vernetzung mit den unterschiedlichen Partner*innen in der Region. Ich denke dabei an die Sportregion, das Dialogforum der Kirchen, etwa beim Stuttgarter Kirchentag, die Verbindung zum Tourismus über die Regio Stuttgart Marketing, Kooperationen mit der IBA und natürlich die Einbindung von immer mehr Kulturschaffenden und Kulturverantwortlichen über die Mitglieder der KulturRegion hinaus. Auch die Arbeit an dem zweijährigen Projekt: »Jüdisches Leben in der Region Stuttgart« hat ein hochaktuelles Thema aufgegriffen und Menschen vernetzt. 

Und natürlich all die neuen Ideen mit Podcasts oder Gesprächen über Kultur am Abend.

Welche Herausforderungen sehen Sie für die Zukunft der KulturRegion Stuttgart?

Die Herausforderungen für die Menschen in der Region sind komplexer geworden. Wir erleben Krisen mit denen wir nicht gerechnet haben. Dafür gibt es keine einfachen Antworten. Für die Kulturarbeit sehe ich die schwierige Aufgabe eine Balance zu finden zwischen der wichtigen Analyse der gesellschaftlichen Gegebenheiten und der notwendigen Ermutigung zum Handeln.

Auch wird es notwendiger den Kommunen Mut zu machen die Kultur auch mit knapper werdenden finanziellen und personellen Möglichkeiten nicht zu vernachlässigen. Gefragt sind Fantasie und Kreativität bei allen Beteiligten, um den Platz für Kunst und Kultur in den Städten und Gemeinden der Region zu verteidigen. 

Welche Chancen sollte die KulturRegion in nächster Zeit unbedingt nutzen

Die KulturRegion hat durch ihre vielfältige Arbeit, die Festivals und Projekte, aber auch durch den neuen Internetauftritt viel mehr Sichtbarkeit bekommen.

Und das kompetente und sympathische Team der KulturRegion mit ihrem engagierten Vorsitzenden hat die Regionalversammlung und viele Menschen in der Region für sich gewonnen. Mit diesem Pfund kann sie wuchern.

In Zeiten zunehmender politischer Polarisierung wird sie mehr denn je gebraucht, kann Vielfalt aufzeigen und den gesellschaftlichen Zusammenhalt mit ihren Netzwerken stärken. 

Unser nächstes Projekt ist das Festival 2024 mit dem Titel »Jetzt! – Handlungsräume zwischen Kunst und Gesellschaft« vom 21.09.-13.10.2024. Was wird Ihr nächstes großes Projekt sein?

Es wird kein großes Projekt – ich komme aus der Arbeit an der Alltagskultur in Bad Boll. Wir haben 15 Jahre dazu einen Jahreskalender mit Fotos und Texten herausgegeben. Da will ich manches wieder aufgreifen, z.B. die Erzählcafes. Im Göppinger Kunstverein bin ich seit Jahren Mitglied und will mich mehr engagieren. Und da ich mehr Abende frei habe, will ich wieder mehr Kultur erleben, mit anderen ins Theater gehen, zum Jazzkonzert, das Festival erleben und auch den Tipps aus dem Newsletter der KulturRegion folgen……. 

Ihr Fazit zu 10 Jahren im Vorstand der KulturRegion Stuttgart?

Ich bin sehr froh über die Zeit und bedanke mich herzlich für viele interessante Impulse und die vertrauensvolle und anregende Zusammenarbeit. Die Aufgabe hat meine Jahre in der Regionalversammlung zusätzlich bereichert. 

Vielen Dank für das Gespräch, liebe Frau Kraus-Prause!