Grafik: Schriftzug »Beyond Fun« in Orange auf blauem Hintergrund.Grafik: Schriftzug »Beyond Fun« in Orange auf blauem Hintergrund.
Grafik: Schriftzug »Beyond Fun« in Orange auf blauem Hintergrund.

Beyond Fun

Das Projekt 2026 der KulturRegion Stuttgart

Das Spiel ist nicht nur eine Form der Zerstreuung, sondern auch eine zivilisatorische Leistung – eine Möglichkeit, Konflikte auf gefahrlose Weise zu bewältigen. In einer Welt, in der sich Menschen in gedankliche Welten mit festgelegten Regeln begeben und ohne Gewalt gegeneinander antreten können, wird das Spiel zu einem essenziellen Bestandteil des menschlichen Lebens. Im Spiel entdecken wir unsere individuellen Eigenschaften und können die Zwänge der äußeren Welt erfahren und überschreiten – hier wird der »Homo ludens«, der spielende Mensch, geboren.

Doch das Spiel ist nicht nur ein Kinderspiel. Es spielt auch eine bedeutende Rolle in der Gesellschaft. Es stellt sich die Frage: Welche Orte werden für das Spiel genutzt? Welche sozialen Strukturen und Dynamiken entstehen während des Spiels? Und wie gehen wir mit Niederlagen und der daraus resultierenden Wut um? Diese Fragen sind von entscheidender Bedeutung, um das Wesen des Spiels in unserer Gesellschaft zu verstehen. In diesem Zusammenhang erscheint Friedrich Schillers Feststellung, dass der Mensch nur da ganz Mensch sei, wo er spielt, in unserer hochgradig vernetzten Welt aktueller denn je. In einer Zeit, die zunehmend von Automatisierung und Algorithmen geprägt ist, wird die Schaffung neuer Spiel- und Resonanzräume immer wichtiger. Klare Strukturen verschwinden zunehmend, und sowohl Menschen als auch Unternehmen müssen sich stetig an neue Umstände anpassen – die Gesellschaft wird zu einer permanenten Spielwiese.

Gemeinsam mit einem kuratorischen Leiter oder einer kuratorischen Leiterin möchte die KulturRegion Stuttgart Künstlerinnen und Künstler einladen, sich mit den Gegebenheiten vor Ort und dem Thema »Spiel« auseinanderzusetzen. So sollen unmittelbar wirkende Kunstwerke geschaffen werden, die Räume neu erfahrbar machen und mit dem Ort spielen. Als Ergebnis könnten beispielsweise Interventionen, Kunstwerke im öffentlichen Raum, partizipative Projekte oder auch Kunstwerke im virtuellen Raum entstehen, die kommunenspezifische Schwerpunkte oder regionale Aspekte einbeziehen und in Zusammenarbeit Künstlerinnen und Künstlern entwickelt werden. 

Um auch den weiteren Aspekten des Spiels Raum zu geben, plant die KulturRegion Stuttgart in Kooperation mit weiteren regionalen Partnern eine breit angelegte Diskussionsplattform. Diese soll das Spiel als regionsspezifischen Faktor untersuchen und seine Rolle im gesellschaftlichen, kulturellen und wirtschaftlichen Leben beleuchten. Ziel ist es, neue Perspektiven und Ideen zu entwickeln, die das Potenzial des Spiels in verschiedenen Kontexten aufzeigen und gleichzeitig die kulturelle Vielfalt der Region hervorheben.

Künstlerische Leitung: Laura Oppenhäuser und Nikola Durić

Laura Oppenhäuser *1983 in Bielefeld, arbeitet freischaffend als Performerin unter eigener künstlerischer Leitung sowie als Festivalmacherin. Bis 2024 war sie im Leitungsteam des Festivals 6 TAGE FREI und aktiv im bundesweiten Verbund FESTIVALFRIENDS. 2018 mitbegründete sie die FTTS, Interessenverbund für Freie Darstellende Künstler*innen in Stuttgart. In ihrer Arbeit sucht sie das Unvorhersehbare, das nicht am Tisch geplant werden kann. Oder das, was angeblich nicht möglich ist. Und gerne auch mal das, was sich nicht gehört - aber Spaß macht.

Nikola Durić *1971, aufgewachsen in Sigmaringen, ist Mitbegründer des Theater Kollektivs Showcase Beat Le Mot (häufig Kampnagel / HAU) und des bundesweiten Migrationsbündnisses KANAK ATTAK. Durić arbeitet als Kurator für das interkulturelle KRASS Festival auf Kampnagel und war mehrmals Dramaturg der Theatergruppe Hajusom. Er gab Workshops für Erwachsene, Studierende und Schülerinnen.

Im Gespräch mit Laura Oppenhäuser und Nikola Durić

Interview mit der kuratorischen Leitung des Festival 2026

Liebe Laura Oppenhäuser, lieber Nikola Durić, herzlichen Glückwunsch zur kuratorischen Leitung für das interkommunale Festivalprojekt 2026. Es geht um Spiele und spielerische Perspektiven. Um was geht es euch dabei? Wie klingt oder schmeckt das Festival zwischen und in den Städten der Region Stuttgart im Herbst 2026?

Laura Oppenhäuser: Staunen und ungläubig kichern fände ich gut. Während sich neben dir irgendwer gelangweilt aufregt. Danach zusammen Essen gehen, Suppe mit Stäbchen serviert bekommen und jemand anderem 'was vom Teller nehmen. Gemeinsam mal wieder Leben spüren halt.


Ist spielen nicht zu albern in ernsten Zeiten? 

Nikola Durić: Immer, wenn die Kacke am Dampfen ist, sind Spiele das beste Ventil für den schlechten Geruch. Schon die Römer wussten mit ihren Arena-Spektakeln »Brot & Spiele« vom harten Alltag abzulenken. Dass wir die gegenwärtige Lage als so schwierig betrachten, ist auch ein Zeichen dafür, dass die Konstruktion eines Ausnahmezustands von Seiten der Wirtschaft und Politik funktioniert und wir gelähmt und beschäftigt gehalten werden. Dabei sollten wir mehr wie die Stoiker sein und nur das verändern wollen, worauf wir tatsächlich Einfluss haben. Dazu gehören auch Spiele. Also ich sehe das Thema des interkommunalen Festivals als Coping-Strategie für schlimme Zeiten, die von unten kommt und nicht wie in Rom, von oben, als Zerstreuung, verordnet wird. Spiele erzeugen politische Achtsamkeit. 

Laura Oppenhäuser: Vieles von dem, was ich als bedrohlich wahrnehme, ist für mich Resultat aus der Spiellust von Menschen, deren Idee von Spiel aber untrennbar damit verbunden ist, gewinnen zu müssen. Wenn ein Experimentierfeld vor allem als Wettbewerb verstanden wird, das ist für mich der Moment, in dem es albern wird - und auf Dauer uninteressant. Ich habe Lust auf eine weniger verkrampfte Art zu spielen und nicht vorher schon zu wissen, wie es ausgehen soll.