#sprichklartext

Rolf-Bernhard Essig

Für mich ist vor allem Sprache Heimat, und Politik wie die Gesellschaft selbst bedürfen immer aufs Neue nachhaltiger Reformation, um diese Heimat lebendig und anziehend zu halten, aber umgekehrt gilt das natürlich erst recht.

Klartext, besser gesagt, Tacheles reden oder gleich Fraktur, das ist – auf Deutsch gesagt – vor allem ein Gegenteil. Wovon? Von blumiger Sprache, von hermetischen Sätzen, von chiffrierten Texten. Deshalb ist Klartext vor allem als ein schöner Sprachpol dann und darum sinnvoll, wenn und weil er mit dem Gegenpol zusammen eine ganze Welt definiert.

Sprache und Politik sind ein altes Paar, das in zerrütteten Verhältnissen lebt, aber nicht immer. Bald wirbt eins ums andere, bald feiern sie Flitterwochen, bald zeitigt ihre herzenskluge Bindung fruchtbare Folgen. Dann wieder benutzt einer den anderen schamlos, betrügt ihn, sich selbst. Bei den beiden ist immer was los. Und jeder, wie im richtigen Leben bei anderen Paaren, weiß ganz genau, was die beiden bräuchten, um immerfort glücklich zu sein.

Reformation ist für mich mehr und weniger als eine Reform. Reformation ist für mich viel mehr als Luther, ist Murner, Sachs, Müntzer, die gottlosen Maler, Argula von Grumbach, Herr Käthe und Karlstadt und Melanchthon und die Bauern, die Bürger, die Armen, die alle, alle nach Seligkeit strebten, vor allem in der nächsten Welt.

Der Künstler

Rolf-Bernhard Essig, Dr. phil., ist Autor, Kritiker, Moderator und Dozent.

Er wurde 1963 in Hamburg geboren, wuchs in Kulmbach auf und lebt seit 1983 in Bamberg, wo er studierte und Diplome in Geschichte und Germanistik sowie seinen Doktortitel erwarb.

Sein Ziel ist es, ob als prämierter Autor von Radiosendungen und Büchern, als Literatur- und Musikkritiker, als promovierter Literaturwissenschaftler, als Entertainer oder Ausstellungskurator, Lust und Wissen zu verbinden, Philologie und Stil, Ernst und Spiel.

Erfolgreich tourt der »Indiana-Jones der Sprachschätze« (Nürnberger Nachrichten) in seiner Mission als Redensartenforscher durch Deutschland, seit er in der Radiosendung »Essigs Essenzen« (Deutschlandradio) fast jede Frage rund um Sprichwörter und Redensarten beantwortet hat.

Essig arbeitete als Kritiker, Wissenschaftsjournalist und Kolumnist für viele Zeitungen und Zeitschriften (u.a. DIE ZEIT, SZ, NZZ, Wiener Zeitung), den SWR, WDR, MDR, NDR, Deutschlandradio Kultur und ist seit 1990 regelmäßig als Dozent für Literaturwissenschaft und Literaturkritik, Kreatives Schreiben u.a. an der Universität Bamberg tätig. Darüber hinaus moderiert er musikalische und literarische Veranstaltungen, Podiumsdiskussionen sowie solche für die freie Wirtschaft.

Er bildet Journalisten in Sprachkritik, Interviewtechnik und Kulturkritik fort (SWP, FT, Konrad-Adenauer-Stiftung) und ist als Redenschreiber tätig.

Seine zwei Dutzend Sach- und Hörbücher für Erwachsene, Jugendliche und Kinder widmen sich Sprachphänomenen, Helden und Heldenbildern, dem »Rausch der Meere«, »Schreiberlust und Dichterfrust«, Karl May, Regensburg, Hermann Essig, Film und dem Offenen Brief. Außerdem schrieb er poetische und prosaische Texte, darunter den Roman »Die Kunst, Wasser zu fegen«. Viele Werke entstehen in Zusammenarbeit mit seiner Frau, der Schriftstellerin Gudrun Schury.

Seit Sommer 2011 leitet er zusammen mit Hanne Mausfeld die Schreibwerkstatt für die jugendlichen Gefangenen der JVA Ebrach.

Essig ist regelmäßig als Experte zu Gast im Rundfunk und Fernsehen. In SWR 1 läuft seit September 2012 seine tägliche Sprichwörterkolumne »Und jetzt mal Butter bei die Fische«.