Kunstprojekt "Surveillance Speaker" von Dries Depoorter beim Festival „Unter Beobachtung“ der KulturRegion Stuttgart 2020

Kornwestheim

Dries Depoorter: »Surveillance Speaker«

Im Kulturkarree von Kornwestheim, vor dem Eingang zum Museum im Kleihues-Bau, baute der belgische Medienkünstler Dries Depoorter seine Installation »Surveillance Speaker« auf. Eine Überwachungskamera, montiert an einem über zwei Meter hohen Mast, zeichnete auf, was in der Umgebung passierte. Auch ein Lautsprecher und ein kleiner Computer waren Teil der Konstruktion. Dank 360°-Schwenkvorrichtung hatte die Kamera den ganzen Platz im Auge. Sobald die Überwachungssoftware eine Person erkannte, begann der Computer zu arbeiten. Dries Depoorter hatte ihn so programmiert, dass er die aufgezeichneten Bilder in Sprache übersetzte. Über den Lautsprecher teilte die Kamera den Passantinnen und Passanten mit, was sie wahrnahm. Depoorter personalisierte das Gerät: Er lließ die Technik aus der Ich-Perspektive berichten. Jeder Satz der sprechenden Installation begann mit »Ich sehe…«.

Wie fühlt es sich an, von einer Kamera nicht nur beobachtet, sondern über diese Beobachtung auch verbal sofort informiert zu werden? Wie schaue ich einer Überwachungskamera in die ›Augen‹, die sprechen kann? Die Kommentare der Kamera sorgen für Irritation.

Dort, wo die leblose Technik plötzlich als handelndes, sprechendes Wesen erscheint, gibt es nur zwei Möglichkeiten, zu reagieren: mit Schrecken oder mit Lachen. Dries Depoorter bevorzugt letzteres, er lädt das Publikum ein, spielerisch mit seiner Installation zu interagieren. Welche meiner Aktionen kann die Software einordnen, und wo gerät sie an die Grenzen ihrer Interpretationsfähigkeit? Auf humorvolle Weise thematisiert der junge Belgier das Phänomen der globalen Überwachung im öffentlichen Raum und die fortschreitenden Fähigkeiten der Technologie. Seine Installation zeigt uns, wie Überwachungssoftware tickt, wie sie ihre Umgebung wahrnimmt und Informationen verarbeitet.

Depoorter vermittelt uns ein Bild davon, wozu künstliche Intelligenz mittlerweile fähig ist und wie die allgegenwärtige Technologie in unsere Leben eingreift. Der Künstler wirft mit seinem »Surveillance Speaker« Fragen auf, Antworten liefert er keine. Betrachterinnen und Betrachter entscheiden selbst, ob sie die Installation zum Anlass nehmen, sich mit dem Schutz der eigenen Privatsphäre zu beschäftigen oder sich der Faszination an der Technologie hingeben. 

Der Kunstschaffende

Der 1991 in Belgien geborene Dries Depoorter studierte Elektrotechnik, bevor er sich der Kunst zuwendete. 2015 schloss er in Gent das Studium der Medienkunst an der Royal Academy of Fine Arts ab. Die meisten seiner Arbeiten drehen sich um die Themen Online-Identität, Privatsphäre im digitalen Raum und Überwachung. Obwohl er oft eine kritische Perspektive einnimmt, wählt er humorvoll spielerische Herangehensweisen. Depoorters Arbeiten sind in Europa vielfach ausgestellt worden, unter anderem bei der Art Basel und der Ars electronica. Für Vorträge wurde er international als Referent gebucht. Er lebt und arbeitet in Gent. 

Daten & Fakten

Ort

Marktplatz, Kornwestheim

Zeitraum

30.9.–18.10.2020
13:00–18:00 Uhr