Grafik: Schriftzug »Was für eine Chuzpe« in Blau auf pinkem Hintergrund. Der Schriftzug »chuzpo« schlängelt sich in einem dreidimensional anmutenden Weiß, das an eine Nudel erinnern soll, um das blaue Wort »Chuzpe«.
Grafik: Schriftzug »Was für eine Chuzpe« in Blau auf pinkem Hintergrund. Der Schriftzug »chuzpo« schlängelt sich in einem dreidimensional anmutenden Weiß, das an eine Nudel erinnern soll, um das blaue Wort »Chuzpe«.

Was für eine Chuzpe

Chutzpe
ist sich
ein kostbares Gewürz
es macht Dir das Leben
lecker
eine Prise Chutzpe
und Du bekommst am Ende
den ersehnten Kuss.

Man solte also immer
ein wenig Chutzpe
in der Hosentasche haben...
Frechheit siegt,
wenn sie nur charmant ist.
Alles eine Frage der Dosis.

Pikant wirds
wenn Du das rechte Maß nicht triffst...
nicht den richtigen Ort
nicht den guten Zeitpunkt
dann ist Chutzpe
gepfeffert
versalzen
deftig
und unglaublich delikat.
-und dennoch
ewig
in seiner Penetranz
einfach
unwiderstehlich.

Ramona Ambs

Was für eine Chuzpe

Eine fremde Frau greift mir im Aufzug ungefragt ans Brustbein um meinen Davidstern anzufassen: Was für eine Chuzpe!

Ein Mann macht Karriere mit einer erfunden jüdischen Biografie: Was für eine Chuzpe!

Manfred sagt jüdische Rituale sind ein Widerspruch zu linker Haltung, aber Weihnachten sei neutral: Was für eine Chuzpe!

Silke sagt, sie könne nicht antisemitisch sein, weil ihr Kollege Jude ist: Was für eine Chuzpe! 

Helmut sagt wc-Deutsche, die Klezmer spielen seien keine kulturelle Aneignung: Was für eine Chuzpe! 

Frau Keller sagt ihrer 10. Klasse der Nationalsozialismus sei jüdische Geschichte: Was für eine Chuzpe! 

Simon behauptet, es gäbe heute keinen Antisemitismus mehr: Was für eine Chuzpe! 

Britta erklärt ihrer Kirchengruppe »Vaterjuden« seinen keine Juden: Was für eine Chuzpe! 

Die Presse sagt die »Judensau« sei ein wichtiges historisches Zeugnis: Was für eine Chuzpe! 

Martin und Helga glauben bei einem Bierchen die Lösung des Nah-Ost-Konflikts gefunden zu haben: Was für eine Chuzpe! 

Olaf sagt, es braucht keine jüdischen Feiertagswaren in deutschen Geschäften: Was für eine Chuzpe!

Inge sagt Jüd*innen seinen zu empfindlich: Was für eine Chuzpe! 

Rudi spricht vom »christlich-jüdisches Abendland«: Was für eine Chuzpe! 

Lore sagt, zu fragen, ob Schwein im Essen ist, sei unhöflich: Was für eine Chuzpe! 

Heinrich fragt, wie meine Familie überlebt hat, findet aber die Frage, was seine Familie während der Shoah so getrieben hat unangebracht: Was für eine Chuzpe! 

Svenjas Oma sagt, sie hätten viel mehr gelitten, als die Juden: Was für eine Chuzpe! 

30% der Deutschen glauben, ihre Vorfahren hätten während des Nationalsozialismus potentiellen Opfern geholfen: Was für eine Chuzpe! 

Einmal im Jahr behauptet die Politik »Nie Wieder«: Was für eine Chuzpe! 


Eine Frau, ein Mann, Manfred, Silke, Frau Keller, Simon, Britta, Martin und Helga, Olaf, Inge, Rudi, Lore, Heinrich, Svenjas Oma, 30% der Deutschen, die Presse, die Politik: Was für eine Chuzpe! 

Debora Antmann