Grafik: Schriftzug »Schlamassel Tov – wie deutsch ist jüdisch« auf pinkem Hintergrund. Der Begriff Schla massel Tov ist dabei auf drei Ebenen und farblich unterschiedlich dargestellt: »schla« und »tov« sind in einem Blauton gehalten. »massel« in einem dreidimensional anmutenden Weiß, das an eine Nudel erinnern soll. Das »massel« schlängelt sich um das »a« aus »schla« und das »o« aus »tov«
Grafik: Schriftzug »Schlamassel Tov – wie deutsch ist jüdisch« auf pinkem Hintergrund. Der Begriff Schla massel Tov ist dabei auf drei Ebenen und farblich unterschiedlich dargestellt: »schla« und »tov« sind in einem Blauton gehalten. »massel« in einem dreidimensional anmutenden Weiß, das an eine Nudel erinnern soll. Das »massel« schlängelt sich um das »a« aus »schla« und das »o« aus »tov«

Schlamassel Tov

Wie jüdisch ist Deutsch?
Regionsweite Plakatkampagne

Wie wird jüdisches Leben sichtbar gemacht? Durch das Zeigen von Synagogen, jüdischen Gemeindezentren, jüdischen Kulturfestivals, und prominenten jüdischen Persönlichkeiten? Sicher. Aber wer denkt, jüdisches Leben sei etwas komplett »Anderes« und abgetrennt von »dem Eigenen«, täuscht sich. Denn Jüdinnen und Juden leben seit über 1.700 Jahren in Mitteleuropa und haben die Kultur des Kontinents auf viele Arten stark mitgeprägt. 

Auch nach der Zerstörung jüdischen Lebens durch die Shoah ist diese Prägung noch zu spüren. Doch manchmal übersieht man, was direkt vor der Nase steht, nämlich, wie sehr Kunst, Politik, Mode, Wissenschaft, Sport, Justiz, Politik, Musik und viele weitere Bereiche vom Judentum geprägt sind, auch hier in der Region Stuttgart. Daher beleuchtet die Plakatkampagne genau das, nämlich die kulturellen Verflechtungen in unserem Alltag. Damit regen wir die Frage an: wie jüdisch ist Deutsch eigentlich?

In zehn Motiven zeigen die Plakate deutsch-jüdische Verflechtungen in der Alltagssprache. Denn unzählige Worte, die im deutschen Sprachgebrauch verwendet werden, sind dem Jiddischen entlehnt. Jiddisch? Das ist eine jüdische Sprache, die im Mittelalter in Mitteleuropa entstanden ist. Viele Worte wurden in die deutsche Umgangssprache eingeführt und werden heute oft verwendet. Dies zeugt von den langjährigen interkulturellen Entwicklungen auch in der Region Stuttgart.

Der Titel des Projektes »Schlamassel Tov« steht sinnbildlich für die tiefe Verflechtung von Kultur. Das Wort Schlamassel – dem Duden nach eine »schwierige, verfahrene Situation, in die jemand aufgrund eines ärgerlichen Missgeschicks gerät«- steht dabei für diese komplexe, manchmal chaotische, aber untrennbare Verbindung – eine Verflechtung, die nicht auflösbar ist. Tov, das hebräische Wort für »gut«, zeigt, dass genau in dieser gegenseitigen Prägung das Schöne liegt.

Doch nicht nur die Sprache ist Zeugnis dieser Verflechtungen. In der Auseinandersetzung mit den Plakaten öffnet sich eine Tür zu weiteren Überlegungen darüber, welche anderen Aspekte des Alltags vom Judentum bereichert sind.

Ein Beispiel hierfür ist das »Sabbatical«, das Thema eines der Plakate ist, und das einen noch tieferen Einblick in die Beziehung zwischen den beiden Kulturen gibt. Denn das »Schabbatjahr« wird unmissverständlich vom jüdischen Konzept der Arbeitsruhe abgeleitet, ein Konzept, das über den arbeitsfreien Sonntag seit langer Zeit auch in der nichtjüdischen Welt angekommen ist und im Sabbatical populär wurde.

Die Plakatkampagne soll neugierig machen, auf Begegnung, Bewegung und Austausch. Und aufzeigen, dass auch in kurzen Wörtern oft spannende Geschichten und Abenteuer liegen. 

Wandernde Ausstellung

Foto der Schlamassel Tov Ausstellung in Esslingen auf dem Marktplatz. Im Vordergrund ist ein Plakat mit der Aufschrift »Ich brauch' ein Sabbatical« zu sehen.

Marktplatz, Esslingen

26.05.-06.06.2025

Foto der Ausstellung »Schlamassel Tov« auf dem Marienplatz vor der Sukka: Mehrere pinke Plakate mit blauer Aufschrift stehen vor einem Bau aus Holz und Stoff – der Laubhütte bzw. Sukka von Sukkat Salaam. Im Vordergrund ist ein Plakat mit der Aufschrift »Bloß kein‘ Zoff« zu sehen.

Marienplatz, Stuttgart

20.-25.05.2025

Autor*innen der Ausstellungstexte

Für Schlamassel Tov haben wir Autor*innen eingeladen, sich literarisch mit den Botschaften unserer Plakate auseinanderzusetzen. Daraus sind vielfältige Beiträge entstanden – mal persönlich, mal poetisch, mal nachdenklich. Diese Autor*innen sind:

Ramona Ambs lebt in Heidelberg und arbeitet als freie Journalistin, Autorin und Poesietherapeutin. Themen ihrer Bücher sind jüdische Identität, Teilhabe, Fremdsein unde Menschen am Rande der Gesellschaft. Zuletzt erschienen »GRAUFARB eine Benoni-Verteidigung in 64 Zügen« (2023) und »Dichtung und Wolke« (2025).

Debora Antmann ist Autorin, politische Bildnerin, wissenschaftliche Mitarbeiterin am Jüdischen Museum Berlin, Kolumnistin beim Tagesspiegel, Aktivistin, wütende Jüdin, semi-aktive Körperkünstlerin und verhinderte Superheldin. Seit über 10 Jahren arbeitet sie zu jüdisch-lesbischer Widerstands- und Intersektionalitätsgeschichte, jüdischen Selbstbestimmungs- und Communityprozessen, Intersektionalität, Heteronormativität und Behinderung. In unzähligen Publikationen und Medien findet man Beiträge von A wie Antisemitismus bis Z wie Zusammenhalt von ihr - alles immer aus dezidiert jüdischer und lesbischer Perspektive. In verschiedenen Formaten inszeniert sie jüdisch-queere und jüdisch-behinderte Interventionen zur visuellen Selbstbestimmung und leitet seit 2020 den jüdischen flinta Austausch- und Empowerment-Raum »Tsuris&Tseschmetter«.

Lior Smith ist Stuttgarter Autorin, politische Kommunikatorin und als sachkundiges Mitglied im Internationalen Ausschuss des Stuttgarter Gemeinderats interkulturell engagiert. Ihre Texte entstehen an der Schnittstelle von jüdischer Identität, gesellschaftlichem Dialog und sprachlicher Feinfühligkeit – für mehr Verständnis in einer vielfältigen Gesellschaft.

Künstlerische Gestaltung

Melanie Müller und Markus Niessner von niessnerdesign haben den offenkreativen Gestaltungsprozess begleitet und die Ergebnisse in einer Reihe von Plakatmotiven zusammengefasst:

Markus Niessner, Gründer und Inhaber von niessnerdesign, Mitgründer der freien Theaterkompanie O-Team international, Vorstandsmitglied des Kunstverein Wagenhalle bis 2014, Mit-Organisator des Urban-Art-Festivals 72 Hour Urban Action, ausgezeichneter Gassigeher und Rennradfahrer.

Melly Müller, Dipl. Wirtschaftsingenieurin, B. Sc. Psychology, Markenstrategin, Designerin und Illustratorin, Coach für Persönlichkeitsentwicklung und begeisterte Eisbaderin.

Gemeinsam führen sie das Büro niessnerdesign, entwickeln Marken und gestalten visuelle Erscheinungsbilder für mittelständische Unternehmen, regionale Jugendradiosender, VDP-Weingüter, Bio-Spirituosen und Naturwein-Startups. Durch ihre Initiative entstanden in Kooperation mit der Bewegung für radikale Empathie die Projekte Public Poster Gallery und GOOD TO KNOW X.

Partner und Förderer